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Lesetagebuch - Jenifer Becker: Zeiten der Langeweile

Willkommen auf meinem kleinen Leseblog. Hier führe ich ein persönliches Lesetagebuch und teile meine Lieblingsbücher und Herzenstexte.


Jenifer Becker: Zeiten der Langeweile. Roman. Erschienen 2023 im Hanser Literaturverlag. 240 Seiten, 23€.

Der Inhalt in einem Satz:

Eine junge Akademikerin sucht die Freiheit und löscht sich Stück für Stück aus dem Internet, dabei wird sie mit den dunklen Seiten ihrer Selbst konfrontiert und findet neben analogen Morgenroutinen vor allem Einsamkeit.


Meine Gedanken zur Lektüre:

Jenifer Beckers Debut-Roman hat in mir genau seine Zielgruppe gefunden: Als Kind bin ich mit analogen Telefonen aufgewachsen, hatte echte Brieffreund:innen und habe am Nachmittag draußen im Dreck gespielt. Als Erwachsene bewege ich mich einigermaßen sicher im Internet, bin in verschiedenen sozialen Netzwerken unterwegs und blicke kritisch auf deren Entwicklung.

Das romantisierte Bild meiner eigenen Jugend á la "früher war alles besser" hat mich zu diesem Text greifen lassen, in der Hoffnung zwischen den Zeilen Bestätigung und Anerkennung zu finden.

Doch, so einfach ist das nicht.


Mila, die Hauptfigur des Romans, möchte unsichtbar werden und aus dem Internet verschwinden. Auf ihrem Weg durch die undurchdringlichen Strukturen zum Löschen eines Google-Accounts, bis hin zur Vermeidung von Handy-Sendemasten, die über jedes noch so kleine elektronische Grät, Daten sammeln könnten, wird sie immer seltsamer, zwanghafter und einsamer.

Die Entscheidung ihr Leben nicht mehr im Internet zu teilen, hat die Konsequenz, dass sie nun auch nicht mehr Teil des Lebens ihrer Freund:innen, Kolleg:innen oder Familie sein kann.


Wie in fast allen Bereichen des Lebens gibt es auf komplexe Fragen keine einfachen Antworten. War früher alles besser? Es war einfach anders.

Dieses Buch gibt keine Antworten, es bietet Perspektiven, Denkanstöße und die ein oder andere versteckte Mahnung.


Mein Fazit:

Eine wunderbare Parabel auf aktuelle gesellschaftliche Vorgänge, individuelle digitale Entscheidungen und die Unmöglichkeit der Trennung von digitalem und analogem Leben.


Meine Bewertung:

8/10 Herzchen

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