Eine literarische Rückschau auf meine Juni-Momente. Auf all die Dinge, die ich erlebt, gelernt und geliebt habe. Meinen poetischen Monatsrückblick gibt es immer am letzten Tag eines jeden Monats.
Am Ersten Juni wandern die ersten drei sonnenwarmen Erdbeeren des Jahres direkt vom Beet in meinen Mund. Die Früchte sind weich und süß und geben einen verheißungsvollen Ausblick auf den nun endlich in die Gänge kommenden Sommer.
M. ist auf Tour und spielt Gitarre in Helsinki, vielleicht auch gerade in Oslo. Mich ergreift eine kleine Summertime Sadness und ich backe einen Kuchen um sie zu vertreiben.
Die Tage verschwimmen. Zwischen Erdbeerpflücken und Sonnenuntergängen liege ich in der Hängematte und bin gedanklich schon in der Sommerpause.
Eine goldene Abendsonne fließt über die Gartenlaube und fängt sich in spitzenbesetzten Schatten. Endlich kühlen leichte Lüfte meine Gedanken und am Sechsten vertreibt ein schwerer Regen die träge Hitze der ersten Juninachmittage.
Ich finde Bilder und Impulse auf der Straße und nehme mir schon wieder vor, mehr zu schreiben.
Oft fehlt mir derzeit die Inspiration, fast immer, der innere Antrieb. Zur blauen Stunde dann küsst mich die Muse kurz und heftig, um mich danach sofort wieder zu verlassen. Ich denke: immerhin und fühle mich frei und erleichtert.
Bei einem Spaziergang sammle ich Regenimpressionen im Garten und treffe eine Hain-Bänderschnecke, die gemütlich durch den Sommerregen rutscht. Am Abend sehe ich den schönsten Sonnenuntergang und gedanklich halte ich die Welt an und will verweilen in diesem Sommertagtraum zwischen Nichtstun und Welt bestaunen. Die Luft ist schwer und von Feuchtigkeit durchdrungen. Sie legt einen dunstigen Schleier über die Welt.
Am Neunten nehme ich an der Visionale, einer medienpädagogischen Fachtagung, in Leipzig teil. Ich höre einen ganz wunderbaren Vortrag zu künstlicher Intelligenz und deren Nutzung im Schulkontext. Ich will diese neuen Technologien als Chance und Hilfsmittel begreifen und beschäftige mich daher in den nächsten Tagen eingehender mit Chat-GPT. Ganz passend dazu lese ich den Roman "Klara und die Sonne" von Kazuo Ishiguro und tauche ein, in eine dystopische Zukunft, in der privilegierte Kinder und Jugendliche isoliert aufwachsen und Freundschaftserfahrungen über eine künstliche Intelligenz gesteuert werden. Eine kleine Besprechung zum Buch findest du hier, in meinem Lesetagebuch.
Ich bekomme Familienbesuch und wir sitzen bei wohligem Gewittergrollen im Freien, trinken Kaffee und erzählen.
Wie sehr unser Leben und unsere Identität von Geschichten geprägt ist, denke ich, als mein Vater eine alte Familiengeschichte wiedergibt und dadurch dem verblichenen Familienportrait in meinem Kopf weitere Eben und mehr Farbe hinzufügt. Durch die Geschichten meiner Eltern lerne ich auch mich selbst besser kennen. Wir beschließen ein gemeinsames Projekt zur Ahnenforschung und sind uns einig, dass es dazu Winter, einen Ofen und Rotwein braucht, also verabreden wir uns für das Jahresende, um gemeinsam noch tiefer in die Familiensaga einzutauchen.
Am Zwölften nehme ich endlich einmal wieder am traditionellen Blog-Format 12 von 12 teil. In diesem Blogartikel kannst du nachlesen, wie dieser Junimontag für mich aussah.
Zwei Tage später hole ich M. vom Bahnhof ab. Ich bin hibbelig und freue mich sehr auf seine Rückkehr, noch mehr Tourgeschichten und eine kurze gemeinsame Sommerzeit, bevor er im Juli wieder fährt. Wir gehen in unserem liebsten Restaurant im Leipziger Westen essen und genießen die Zweisamkeit.
Die folgenden Tage sind geprägt von Schreibtischarbeit. Ich bereite Kurse und Präsentationen vor, treffe letzte Absprachen und suche meine Unterrichtsmaterialien zusammen. Auch meine Website bekommt aktuelle Termine verpasst und mein Blog wächst Beitrag um Beitrag.
Der Achzehnte Juni ist ein Sonntag. M. und ich spazieren über die Eisenbahnbrücke, finden dabei rosa Rosen, einen Selfcaremoment und am Abend einen traumhaften Sonnenuntergang.
Der Garten produziert eifrig frisches Gemüse auf unseren Tisch und wir ernten Knoblauch, Kohlrabi und Salate. Am Zwanzigsten kommt die Hitze zurück und ich wabere durch den Tag, suche Schatten und finde Erlösung in frischen Erdbeeren und Vanillesoße.
Die Hitze lähmt mich, doch ein paar Tage später wäscht ein Gewitter die Hitzesorgen fort.
Ich denke nach über Ängste und wie man ihnen begegnen kann. In diesem Beitrag auf Instagram, denke ich laut über gängige Schönheitsnormen, Beine und Fettphobie nach und trage das erste Mal seit 10 Jahren wieder eine kurze Hose.
Mein Juni endet mit zehn Gläsern voll Erdbeermarmelade und dem beruhigenden Wissen, dass ich im Winter nur ins Regal greifen brauche, um ein bisschen Sommer zu kosten.
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